Typedesigner haben ein ähnliches Problem wie Musiker: hinter ihren Werken steckt eine Menge Arbeit, jedoch können einzelne Songs respektive Fonts nur für einen Betrag, der einen Bruchteil des Aufwands deckt, verkauft werden. Wenn dieser Bruchteil auch nicht bezahlt wird, sondern Musik und Schriften illegal verbreitet werden, ist es unmöglich für die Künstler und Designer zu überleben. Jedoch sind Grafikdesigner selten bereit, eine Schrift zu kaufen, bevor sie sie getestet haben – verständlicherweise.
Nun wurde ein neues System der Schriftlizensierung entwickelt: Fontstand. Es handelt sich dabei um eine kostenlose App zum Testen, Mieten und Kaufen von ausgewählten Schriften. Peter Biľak (Typotheque) und Andrej Krátky haben Fontstand gegründet, Ondrej Jób hat das Interface gestaltet.
Die Schriften müssen nun nicht mehr zwingend für eine zeitlich unbegrenzte Nutzung und damit zum vollen Preis lizensiert werden, sie können jetzt monatsweise gemietet werden. Der Preis beträgt dabei nur 10% des Kaufpreises. Die Lizenz kann im nächsten Monat verlängert werden und es gibt die Möglichkeit, die Schriften für einen kleinen Aufpreis im Team zu teilen. Nach zwölfmonatiger Miete (die nicht fortlaufend sein muss) darf der Nutzer die Fonts zeitlich unbegrenzt einsetzen und archivieren. Während der Installation ist natürliche eine Internetverbindung nötig, danach kann auch offline gearbeitet werden, die Schriften werden im System installiert. Somit können die Fonts bequem in einem beliebigen Layoutprogramm genutzt werden.
Die Schriften können auch mit einer Lizenz auf mehreren Computern genutzt werden, jedoch nicht gleichzeitig. Wer sich auf einem zweiten Rechner mit derselben Registrierung einloggt, wird automatisch auf Rechner 1 ausgeloggt. Die lizensierten Fonts werden auf den zweiten Computer übertragen.
Wer vor der Miete unverbindlich testen will, kann die Schriften aus der Bibliothek für eine Stunde kostenlos ausprobieren. Dabei ist es nicht erlaubt, die Gestaltung zu drucken oder ein Pdf zu exportieren. Wie ein Wasserzeichen auf Layoutbildern wird bei den Testfonts das F durch das Fontstandsymbol ersetzt. Innerhalb von 24 Stunden können maximal 10 Schriftschnitte getestet werden.
Die Schriften können nach verschiedenen Kriterien wie Foundry, Art, Erscheinungsdatum aber auch “Well-kept secrets” gesucht werden. Was dieses Tool nicht bietet, ist eine ausführliche Vorschau – es lädt ja auch zum selber testen ein – Specimens der Schriftfamilien sind jedoch über die verlinkten Anbieter abrufbar.
Momentan sind 21 Foundries auf Fontstand vertreten. Sie alle publizieren nur Schriften hoher Qualität, was eine angenehme Alternative zum Massenangebot der grossen Fontplattformen ist. Weitere Foundries werden eingeladen teilzunehmen, die Auswahl wird aber bewusst überschaubar gehalten.
Webfonts können nicht über Fontstand gemietet oder gekauft werden, dafür stehen andere Anbieter oder die Foundries selber zu Verfügung.
Auf der Typo Berlin 2015 hat Peter Biľak Fontstand präsentiert, das Video dazu gibt es hier.